Hörenswert weiblich und gefühlvoll auf den Punkt: Das Ensemble Evivva!
Am 4. Mai ging die Voraushören-Reihe der HfMDK und Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen mit dem Ensemble Evviva! in die zweite Runde.
Auf den Spuren von Hildegard von Bingen, Maddalena Casulana und Melika M. Fitzhugh
Sina Bayer, Anouk Krüger und Jasmin Röder: Sie sind das Ensemble Evivva!, das am 4. Mai die Kammermusik-Reihe „Voraushören“ im Holzhausenschlösschen bei milden Temperaturen und sonnigen Abendstunden mit einem Blockflöten-Konzert fortsetzte. Gemeinsam mit der Schauspielerin und HfMDK-Alumna Nora Solcher konfrontierte das Ensemble Evviva! die Konzertbesucher*innen des Abends auf einfühlsame und reflektierte Weise mit der Klimakrise. Mehr als einmal warfen sie dabei die Frage auf, was es mit uns Menschen und unserer Erde macht, wenn wir die Dinge zu rational, zu mathematisch betrachten – statt zu fühlen und wahrzunehmen.
Der gängige Beiname unseres Planeten als „Mutter Erde“ wurde dabei zum Ausgangspunkt einer Reise zurück in die Klänge und Töne der Renaissance. Denn das Schicksal der Erde und die Lebenswirklichkeit der Frau sind untrennbar miteinander verknüpft, so der Standpunkt der Musiker*innen. Frauen und die Natur blicken auf eine Geschichte des Leids, der Verdrängung, Ausbeutung, aber auch des Widerstands und des Zurückforderns zurück – eine Geschichte, die in viel zu vielen Teilen dieser Welt auch heute noch geschrieben wird. Das Ensemble Evviva! erfüllte deshalb den Raum mit Kompositionen von Frauen, die sich über Konventionen hinwegsetzten, darunter Hildegard von Bingen (1098-1179), Maddalena Casulana (ca. 1544-ca. 1590) und Melika M. Fitzhugh (*1972), und zeigen: Es geht auch anders.
Mit ihrer Stückauswahl und dazwischen gespielten selbstkomponierten Improvisationen bewegte sich das Ensemble fließend zwischen längst vergangenen Zeiten und dem Hier und Jetzt. Die performative Unterstützung von Nora Solcher ließ die Musik zu Bildern und poetischen Versatzstücken werden, die die Dringlichkeit der musikalischen Basis immer von Neuem betonte.
Terra Mater – hörenswert weiblich
Terra Mater, wie das Ensemble ihr Programm nannte, war nicht nur ein ausnahmslos kluger und gefühlvoll kuratierter musikalischer Ausflug durch die Zeiten. Sondern auch ein Plädoyer dafür, patriarchale Strukturen in allen Bereichen der Gesellschaft, Wissenschaft und Politik aufzubrechen und den Frauen auf dieser Welt das Gehör zu schenken, das sie verdienen. Denn wie das Ensemble im selbstkonzipierten Begleitheft schreibt, sind es vor allem Frauen, die beim Thema Nachhaltigkeit häufig die Initiative ergreifen. Und nun ist es an der Zeit, ihre Stimmen und Kompositionen in die Welt zu tragen – das Ensemble Evviva! hat gemeinsam mit Nora Solcher einen bewegenden Anfang dieser großen Aufgabe gemacht.
Nach dem Konzert kamen bei einem Glas Wein oder Wasser zahlreiche Konzertbesucher*innen der Aufforderung des Ensembles nach, mit eigenen Fragen ins Gespräch mit den anwesenden Studierenden und Lehrenden zu kommen. Dabei ging es zum Beispiel um den Variantenreichtum historischer Flöten, die Rolle von Komponistinnen in der Musik und die Frage, wie die Texte ausgewählt und ergänzend zur Musik arrangiert wurden.
Was nach dem Besuch bleibt, ist vor allem ein Gefühl, ganz gleich welches genau. Musikalisch zu brillieren ist schließlich die eine Sache – die Menschen vor Ort dabei zum Fühlen zu bringen, eine ganz eigene Kunst. Das Ensemble Evviva! hat das mit Bravour geschafft.
Die Voraushören-Reihe wird großzügig von dem Rotary Club Frankfurt Römer und dem Freunde- und Förderkreis der Frankfurter Bürgerstiftung unterstützt. Am 06. Juli geht die Konzertserie mit dem Liv Quartet in die dritte Runde.
Foto: Trio Evviva